Eselsbrücken...

... sind nach dem Duden Gedächtnisstützen und zählen als Merkhilfen einfachster Art zu den Methoden der Gedächtniskunst (Mnemotechnik), die sich parallel zur Rechtswissenschaft in mehreren Phasen seit der Antike entwickelt hat. Diese zeitgleiche Entwicklung war kein Zufall, denn

Ein gutes Gedächtnis gehört seit jeher zu den Grundfertigkeiten, die von einem Juristen in Studium und Beruf erwartet werden. […] Stets wird vorausgesetzt, dass ein Jurist sich Dinge leicht einprägen und später ebenso leicht auswendig wiedergeben kann.
(Markus Schumacher, BRJ 2009, S. 63)

Deshalb erfüllen die "guten alten Eselsbrücken" (Reiner Stein, DVP 2012, S. 317, 320) als Gedächtnisstützen noch heute eine wichtige Funktion im Rechtsbetrieb. Sie sind aber nicht bloß "altgediente Helferlein" in der juristischen Ausbildung (Felician Scheu, 100 Tipps für Jurastudierende 2015, Nr. 23), sondern spiegeln bewährte juristische Denkformen wider und erleichtern Jurist*innen eine systematisch effiziente Wissensorganisation:

Für die adäquate Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen [...] ist es wichtig das Lernen optimal zu organisieren, um so mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel zu erreichen. Systematik ist entscheidend dafür, dass bereits im ersten Durchgang viel Stoff hängen bleibt und man aus Fehlern lernen kann. Wie eine Eselsbrücke muss für jedes Gebiet ein Denkschema aufgebaut werden, in das sich die dann folgenden Informationen einordnen lassen. Nur so hat man eine Chance, die Fülle an völlig verschiedenen Lernelementen effektiv aufzunehmen.
(Annette Katharina Warringsholz, Der Fahrschein fürs Staatsexamen – oder: Was einem sonst keiner sagt..., JuS 2000, S. 311, Fettung nur hier)

Die vorliegende Lernplattform richtet sich deshalb in erster Linie an Jurist*innen in der Ausbildung. Sie stellt Lernhilfen und Texte zum Weiterlesen zur Verfügung, erfordert im Gegenzug aber eine etwas unkonventionelle Herangehensweise und Mut zur Originalität:

Nur dem unverständigen Geist dünkt es als Beleidigung, eines Esels Brücke benutzen zu müssen: "Die den Eseln nachgesagte Störrischkeit ist keine Störung. Sie zeugt von Klugheit, denn Esel überlegen sich gut, bevor sie etwas tun, das ihnen womöglich schaden könnte. [scil. ein nicht überbrücktes Gewässer queren, dessen Tiefe sie nicht abschätzen können.] Esel sind intelligent und gelehrig!" Eselsbrücken können helfen, schwierigen Lernstoff kreativ aufzubereiten und effizient zu memorieren. Eine Beschäftigung mit der Materie kann ganz neue Perspektiven eröffnen und erweist sich auch heute [...] als höchst zeitgemäß.
(Hanjo Hamann, StudZR 2010, S. 125, 143 - Binnenzitat von Bernhard Trachsel)

Gedächtniskunst bereichert also die juristischen Fähigkeiten enorm. Sie nützt nicht nur im Studium, sondern weit darüber hinaus - Gedächtnisübung ist eine Berufskompetenz (soft skill) und dazu noch persönlichkeitsbildend:

Besser noch als in der Antike, wo jeder Gebildete das geistige Werkzeug der Gedächtnistechnik besaß, sind die Fähigkeiten eines Mnemotechnikers in der heutigen Zeit geeignet, seine Persönlichkeitswirkung zu erhöhen. Wer auch Details weiß, die andere erst umständlich nachschlagen, ist immer im Vorteil. Er kann im Gespräch und in der Verhandlung zeigen, dass er die Zusammenhänge voll übersieht, weil er sie im Gedächtnis hat. So wird er rasch als kompetent anerkannt. Was er sagt, gilt.
(Dieter Wilhelm, Von der Ordnung im Gedächtnis. Einführung in die klassische Mnemotechnik, 5. Aufl. 1995, S. 24)

Außerdem machen Eselsbrücken einfach Spaß: So oft ich Aufsätze über Eselsbrücken veröffentlichte, meldeten sich die jeweiligen Lektoratsmitarbeiter mit eigenen Eselsbrückenvorschlägen zurück. So viel persönliches Engagement erlebt man selten - es ist das schönste Kompliment, das einem Autor widerfahren kann. Vielleicht bekommen ja auch andere Leser Lust, eigene Eselsbrücken beizusteuern; Beitragende werden namentlich genannt, wenn nicht anders gewünscht.

Die bis zum 1. Juni 2016 gesammelten 73 Eselsbrücken lassen sich als pdf herunterladen, drei Viertel davon (54) sowie neuere Eselsbrücken lassen sich nach den vier Kategorien

anzeigen und nach Untergebieten (z.B. Schuldrecht) genauer selektieren.